Steinberg, Christoph:
Polyvalente Iod(III)-, Iod(v)- und Xenon(II)verbindungen mit der elektronenerziehenden 2,3,5,6- Tetrafluorpyridylgruppe
Duisburg, Essen, 2008
2008Dissertation
ChemieFakultät für Chemie
Titel:
Polyvalente Iod(III)-, Iod(v)- und Xenon(II)verbindungen mit der elektronenerziehenden 2,3,5,6- Tetrafluorpyridylgruppe
Autor*in:
Steinberg, ChristophUDE
LSF ID
10926
Sonstiges
der Hochschule zugeordnete*r Autor*in
Akademische Betreuung:
Frohn, Hermann-Josef
Erscheinungsort:
Duisburg, Essen
Erscheinungsjahr:
2008
Umfang:
III, 128 Bl.
DuEPublico 1 ID
Signatur der UB:
Notiz:
Duisburg, Essen, Univ., Diss., 2008

Abstract:

Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Substitution der hypervalent gebundenen Fluoratome in Iod(III)-, Iod(V)- und Xenon(II)verbindungen durch die Tetrafluorpyridylgruppe untersucht. Diese Gruppe unterscheidet sich von der ebenfalls elektronenziehenden Pentafluorphenylgruppe durch den formalen Ersatz eines C-F-Fragments durch ein N-Atom. Die Einführung des elektronegativeren NAtoms in den C6-Ring verschiebt im σ-Gerüst Ladungsdichte hin zum N-Atom. Durch die Fixierung höherer π-Ladung auf dem N-Atom wird die Aromatizität erniedrigt. Dadurch ist eine geringere Nukleophilie des C4-Atoms für die (4-C5F4N)-Gruppe im Vergleich zur C6F5-Gruppe zu erwarten. Beide Organylgruppen besitzen durch ihre Elektronenarmut im C6- bzw. C5N-Skelett, eine hohe Beständigkeit gegen Oxidation und mit ihrem polarisierbaren π-System gute Voraussetzungen, F-Atome in den starken Oxidationsmitteln IF3, IF5 und XeF2 vertreten zu können. Bei der Substitution von F-Atomen in diesen Elementfluoriden EF2 spielen neben der Organylgruppe und dem sie übertragenden Reagenz auch die spezifischen Eigenschaften der Element-Fluor-Bindungen in EFn eine große Rolle. Während IF3 und IF5 je eine 2-Zentren-2-Elektronen-Bindung und ein bzw. zwei 3Z-4E-Bindungen besitzen, weist XeF2 nur eine 3Z-4E-Bindung auf und besitzt kein permanentes Dipolmoment. 3Z-4E-Bindungen bedeuten hoch polare E-F-Bindungen und sollten damit in säureassistierten Reaktionen mit (4-C5F4N)-Lewis-Säuren die Übertragung der (4-C5F4N)- Gruppe ermöglichen. Die Iod(III)verbindungen C6F5IF2 und (4-C5F4N)IF2 mit Ψ-trigonal-bipyramidaler Geometrie am Iodatom reagieren mit der mittelstarken Lewis-Säure (4-C5F4N)BF2 (Fluoridaffinität 90,8 kcal/mol) schnell und nahezu quantitativ und bilden die Salze [C6F5(4-C5F4N)I][BF4] und [(4-C5F4N)2I][BF4]. Mit der sehr schwachen Lewis-Säure (4-C5F4N)SnMe3 (Fluoridaffinität 45,4 kcal/mol) liefert C6F5IF2 die kovalente Verbindung C6F5(4-C5F4N)IF, deren Fluoridbasizität in Kombination mit der schwachen Acidität von Me3SnF nicht ausreicht um Fluorid zu abstrahieren und Iodoniumsalze zu bilden. C6F5(4-C5F4N)IF dismutiert in einer Konsekutivreaktion selbst bei –78 °C langsam zu den symmetrischen Iod(III)verbindungen (C6F5)2IF und (4-C5F4N)2IF. Mit (4-C5F4N)IF4 konnte zu den wenigen bisher bekannten Organyliod(V)- verbindungen eine neue hinzugefügt werden. Zwei unterschiedliche Synthesewege wurden beschritten. Die Iod(V)verbindung (4-C5F4N)IF4 kann in guter Ausbeute und Reinheit zum einen durch Elementarfluorierung (5 % F2/N2), zum anderen durch die Umsetzung von IF5 mit Bi(4-C5F4N)3 dargestellt werden. (4-C5F4N)IF4 besitzt wie C6F5IF4 eine Ψ-oktaedrische Geometrie am Iodatom und ist besser gegenüber einer nukleophilen Subsitution abgeschirmt als (4-C5F4N)IF2. Während die Reaktion von (4-C5F4N)BF2 mit C6F5IF4 zu [C6F5(4-C5F4N)IF2][BF4 nicht ablief, lieferte die umgekehrte Reaktion von C6F5BF2 mit (4-C5F4N)IF4 das Iod(V)salz [C6F5(4-C5F4N)IF2][BF4] im Gemisch mit dem Reduktionsprodukt [C6F5- (4-C5F4N)I][BF4]. Das Ergebnis zeigt, dass die unterschiedliche Nukleophilie der Arylgruppe in (4-C5F4N)BF2 und C6F5BF2 einen stärkeren Einfluss auf die Fluor-Aryl-Substitution hat als die Fluoriddonorwirkung der Aryltetrafluoride (charakterisiert durch die Fluoridaffinität der Kationen C6F5IF3 + und (4-C5F4N)IF3 +. Im Falle von XeF2 erfolgt mit (4-C5F4N)BF2 keine Fluor-(4-C5F4N)-Substitution, stattdessen fällt in schwach koordinierenden Lösemitteln wie CH2Cl2 oder 1,1,1,3,3-Pentafluorpropan das (4-C5F4N)BF2·XeF2-Addukt aus. Versuche, dieses Addukt in den koordinierenden Lösemitteln CH3CN und aHF zu lösen, gehen einher mit der Oxidation der (4-C5F4N)-Gruppe. Auch die säureassistierte Reaktion von XeF2 mit dem [(4-C5F4N)BF3]-Anion (in Gegenwart von BF3·Et2O) und die basenkatalisierte Reaktion mit der schwachen Lewis-Säure (4-C5F4N)SiMe3 (Fluorid-katalisiert) liefert in schwach koordinierenden Lösemitteln jeweils oxidierte (4-C5F4N)-Verbindungen anstelle der (4-C5F4N)- Übertragung auf Xe(II). Im ersten Fall erfolgt Fluoraddition an die 2,3-Position der C-C-Doppelbindung zu [(2,2,3,3,5,6-C5F6N)BF3]–, im zweiten Fall wird durch oxidative Kupplung (Ein-Elektronen-Oxidation des Carbanions) Bipyridyl (4-C5F4N)2 gebildet. C6F5XeF besitzt im Gegensatz zu XeF2 ein permanentes Dipolmoment und insbesondere eine schwache und polare Xe-F-Bindung. Im Falle von C6F5XeF gelingt mit der schwachen Lewis-Säure Cd(4-C5F4N)2 die Fluor-(4-C5F4N)-Substitution zu C6F5Xe-(4-C5F4N). Diese ist die erste Xe(II)-C-Verbindung mit einer Heteroarylgruppe. C6F5Xe(4-C5F4N) ist intrinsisch instabil und als Feststoff auch bei –60 °C sehr stoßempfindlich. Gelöst in CH2Cl2 wurde bei dieser Temperatur eine langsame Dismutierung zu (C6F5)2Xe und (nicht zweifelsfrei abgesichert) (4-C5F4N)2Xe in Konkurrenz zu der radikalischen Zersetzung beobachtet. In aHF fand ausschließlich die Abspaltung der (4-C5F4N)-Gruppe statt, dabei wurde (4-C5F4N)H neben dem Pentafluorxenoniumkation gebildet. Der experimentelle Befund kann mit Hilfe der Ergebnisse von ab-initio-Rechnungen (RHF/ LANL2DZ) an C6F5Xe(4-C5F4N) und anderen unsymmetrischen Xenon(II)diarylen erklärt werden. Die als elektronegativer eingestufte (4-C5F4N)- Gruppe besitzt eine negativere Ladung und damit den stärkeren partiell anionischen Charakter beider Arylgruppen. Zudem vermag die C6F5-Gruppe eine höhere Partialladung auf dem ipso-C-Atom zu lokalisieren, verstärkt damit den polaren Bindungsanteil dieser Xe-C-Bindung und ist deshalb stärker als die (4-C5F4N)- Gruppe an das Xenon(II)atom gebunden.