Tagay, Sefik:
Traumatische Ereignisse, posttraumatische Belastungsstörung und Somatisierung bei Patienten der Ambulanz einer psychsomatischen Universitätsklinik
Duisburg-Essen, 2004
2004Dissertation
MedizinMedizinische Fakultät » Universitätsklinikum Essen » LVR-Klinikum Essen » Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Titel:
Traumatische Ereignisse, posttraumatische Belastungsstörung und Somatisierung bei Patienten der Ambulanz einer psychsomatischen Universitätsklinik
Autor*in:
Tagay, SefikUDE
GND
130115762
LSF ID
14363
Sonstiges
der Hochschule zugeordnete*r Autor*in
Akademische Betreuung:
Senf, WolfgangUDE
LSF ID
13668
Sonstiges
der Hochschule zugeordnete*r Autor*in
Erscheinungsort:
Duisburg-Essen
Erscheinungsjahr:
2004
Umfang:
99 Bl. : graph. Darst.
DuEPublico 1 ID
Signatur der UB:
Notiz:
Duisburg, Essen, Univ., Diss., 2004

Abstract:

An einer Stichprobe von 483 Patienten der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Essen hatte die vorliegende Untersuchung zum Ziel, die Trauma- und Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD)-Prävalenzen in unserem Inanspruchnahmeklientel zu identifizieren, und deren Beziehung zur Depressivität, Ängstlichkeit, Kohärenzgefühl und Inanspruchnahmeverhalten zu untersuchen. Des weiteren sollte der Zusammenhang von Trauma, PTSD und Somatisierung genauer untersucht werden. Ferner verfolgten wir das Ziel, Prädiktoren für PTSD zu identifiziert. Die Trauma-Expositionsrate schwankte zwischen 31.1% und 63.1%; diese war abhängig vom Eingangstraumakriterium nach DSM-IV (A1 und A2) für PTSD. Die Resultate dieser Arbeit konnten verdeutlichen, dass es einen Unterschied macht, ob man beide Traumakriterien nach DSM-IV heranzieht oder lediglich eines davon erfüllt sein muss, um von einem psychischen Trauma sprechen zu können. Testpsychometrisch betrug die PTSD-Prävalenz 10.1%, während die behandelnden Therapeuten bei nur 2.9% der Gesamtstichprobe die Diagnose „Posttraumatische Belastungsstörung“ (F43.1 nach ICD-10) stellten. Generell scheinen PTSD-Betroffene unter einer grundsätzlich höheren psychischen Belastung (Depressivität, Ängstlichkeit, Somatisierung) zu leiden als Traumatisierte ohne PTSD und noch mehr gegenüber Nicht-Traumatisierten. Unter gesundheitsökonomischen Aspekten scheint es besonders wichtig zu sein, Menschen mit Traumatisierung einer adäquaten Behandlung unterziehen zu lassen. Sie zeigten in der vorliegenden Untersuchung das höchste Inanspruchnahmeverhalten bezüglich Arztbesuche, Psychotherapie und Psychopharmaka gegenüber Nicht-Traumatisierten. Bemerkenswert sind die Ergebnisse bezüglich der zentralen Hypothesen, zum einen PTSD würde von den behandelnden Therapeuten unterschätzt und zum anderen PTSD und Somatisierung würden in enger Beziehung zueinander stehen. Unsere Befunde stimmen mit anderen empirischen Arbeiten überein, so dass man berechtigterweise die Vermutung äußern kann, es handele sich bei beiden Fällen um ein generelles Phänomen, das settingunspezifisch zu sein scheint. Bezüglich des Zusammenhangs von Somatisierung und PTSD standen insbesondere neurologische und gastrointestinale Beschwerden im Vordergrund. PTSD-Patienten berichteten im Mittel über 20 somatoforme Beschwerden, Nicht-Traumatisierte hingegen hatten im Mittel 9 somatoforme Beschwerden. In der Allgemeinbevölkerung liegt die Prävalenz somatoformer Beschwerden bei 3.4. Unsere Ergebnisse haben auch diagnostische Implikationen. Die PTSD wird häufig von anderen psychischen Störungen überlagert oder stellt sich phänomenologisch in Form anderer Störungen wie Depression oder Angststörung dar, was ihre Diagnose erschwert. Es ist eine gängige klinische Beobachtung, dass sich traumatisierte Patienten mit PTSD mit körperlichen Beschwerden in ärztliche Behandlung begeben (Rückenschmerzen, Schlafstörungen etc.), ohne dass die traumabedingte Genese der Beschwerden zur Sprache kommt. Die vorliegende Studie unterstreicht die Wichtigkeit der differentialdiagnostischen Einbeziehung der PTSD insbesondere bei Patienten mit somatoformen Symptomen bzw. Störungen, um sie einer adäquaten evtl. auch traumaspezifischen Behandlung frühzeitig zuführen zu können.